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Werner Winkler's Lösungssammlung:

 


Lösungs-Werkzeuge von A-Z
Tit for Tat

 

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Praxisbeispiel:

In der Druckerei Tiegel machte man sich viele Gedanken um die Zukunft. Die Kunden wurden immer anspruchsvoller, der Wettbewerb härter und gleichzeitig fielen viele Aufträge dadurch weg, dass preiswerte Büro-Laserdrucker in Mode kamen. Also beschloss man, sich auf ein neues Feld mit einem exklusiven Kundenkreis zu wagen, das nur von wenigen Kollegen bearbeitet wurde. Hier würde sich rasch zeigen, ob man tatsächlich besser war als die anderen. Als Strategie wurde die Vorgehensweise des "Tit for Tat" angewandt: man präsentierte sich als Spezialist für ein bestimmtes Druckprodukt, gab an die potentiellen Kunden eine praxistaugliche Musterkollektion aus (an so etwas hatte bisher kein Mitbewerber gedacht) - kurz, die sowieso schon anspruchsvollen Kunden wurden vom erstklassigen Service fast erschlagen. Und das, obwohl bisher nur wenige Aufträge in dieser Richtung vorlagen. Die Rechnung ging jedoch bald auf und innerhalb von fünf Jahren machte man die Hälfte des Umsatzes mit diesem Produkt. Der Marketingleiter fasste das Erfolgsrezept so zusammen: "Wir haben unsere Wunschkunden so behandelt, als wäres sie bereits langjährige Partner. So fiel es ihnen leicht, sich entsprechend zu verhalten."

 

Beschreibung:

Der Begriff "Tit for Tat" entstammt der Arbeit von Axelrod und Hamilton (1981). Es war der Name eines (von Anatole Rapoport entwickelten) Computerprogramms. Aufsehen erregte es, weil es bei einem Spielturnier sämtliche anderen Programme schlug - und das, obwohl es das kürzeste von allen war.

Seine simple Strategie hieß: Beginne mit Kooperation und tue danach jeweils das, was der andere Spieler auch tut. Selbst in der zweiten Runde - als die anderen Programmierer wussten, wie Tit for Tat vorging, siegte es weiter. Dabei ging es nicht darum, den Gegner zu besiegen, sondern das Spiel möglichst lange aufrecht zu erhalten.

De Shazer und seine Mitarbeiter wandten dieses Prinzip auf die Interaktion zwischen Therapeut und Klient an: Nicht mehr der Widerstand des Klienten wurde beachtet (wie z.B. in der Psychoanalyse), sondern seine Kooperation. Empfahl der Therapeut z.B. eine Hausaufgabe und führte der Klient diese durch, hieß die Schlussfolgerung: weitere Hausaufgaben geben. Tat er es nicht, wurden keine weiteren Hausaufgaben erteilt. Friedmann leitete daraus eine auf die innere Haltung zielende Interventionstechnik ab, die sowohl innerhalb wie außerhalb der Therapie/Beratung eingesetzt werden kann. Hier soll eine vereinfachte Form vorgestellt werden, die Friedmann "Gleiches mit Gleichem - positiv" nannte.

1. Schritt:

Notieren Sie Gefühle, unter denen Sie leiden (nicht, was der andere tut, sondern, worunter Sie dann leiden).

Bsp.:
- erniedrigt

- vernachlässigt

- missverstanden

2. Schritt:

Daneben schreiben Sie jetzt je einen neuen Begriff. Dieser sollte ein ähnliches Gefühl beschreiben, jedoch mit einem positiveren Klang. (Hilfsfrage: Wann ist es ausnahmsweise normal, jemanden zu ....... - und wie nennt man das dann?)

 

Bsp.:
- erniedrigt           - eine Stufe tiefer steigen

- vernachlässigt    - zur Selbständigkeit anregen

- missverstanden  - zur Nachfrage anregen

3. Schritt:

Erinnern Sie sich nun an Gelegenheiten, bei denen Sie diese Qualtitäten (rechts) bereits einmal genutzt haben.

4. Schritt:

Erinnern Sie sich an die innere Haltung, die Sie in dieser Lage eingenommen haben. Nehmen Sie diese erneut ein und konfrontieren Sie damit die momentan leidauslösende Situation. Denken Sie daran, dass es um Kooperation geht, nicht um einen Kampf. Sie können auch die einzelnen Worte nehmen und jeweils getrennt die Haltungsänderung erproben.

Meist zeigt sich, dass solche 'Haltungsreserven' ein neues Licht auf die Situation werfen und sich das subjektive Empfinden augenblicklich ändert. Statt einer Haltungsänderung kann auf diese Weise auch eine Verhaltensänderung eingeleitet werden. Dazu überlegt man sich, womit die Kooperation des 'Spielpartners' hervorgelockt werden kann. Das obige Beispiel über die Strategie der Firma illustriert den Vorgang. Was würde man mit solchen sehr guten Kunden machen? Genau das wurde umgesetzt und von Anfang an wurde die Druckerei wegen ihres einzigartigen Service gelobt und die Idee sogar von anderen Firmen der Branche nachgeahmt. Voraussetzung ist aber stets die ehrliche und nachhaltige Absicht, mit dem anderen (hier mit dem Kunden und seinem Bedarf) zu kooperieren. Wer nur den eigenen einseitigen Vorteil sucht, wird damit kaum weiterkommen.

Angenommen, ein Vorgesetzter macht Ihnen Druck und möchte, dass Sie mehr arbeiten. Ein Teil seiner Motivation könnte durchaus in Ihrem Interesse sein - vielleicht möchte er Karriere machen, dann würden Sie ebenfalls davon profitieren. Oder er stellt Sie vor eine unlösbar scheinende Aufgabe, dann ist das eine einmalige Gelegenheit, Ihre Grenzen zu testen und etwas Neues dazuzulernen. Was er unter dem Etikett "mehr arbeiten" präsentiert enthält mehrere Teilziele, die einzeln sogar reizvoll und unterstützenswert sein könnten. Kooperation muss nicht heißen, einfach einem 'Befehl' zu folgen, sondern die eigenen Ressourcen kreativ und intelligent einzubringen. Scheint es Ihnen so, dass der andere übertrieben für das eigene Fortkommen kämpft, bieten Sie eine Kooperation an, die es Ihnen selbst auch erlaubt weiterzukommen. Und noch etwas fällt immer wieder auf: sobald man auf Kooperation schaltet und dem anderen entgegenkommt, kann dieser seine Energie zurücknehmen und kompromissbereiter reagieren. Stellt man sich eher stur, wird er meist versuchen, seine Ziele mit noch mehr Energie durchzusetzen und der Druck erhöht sich.

 

Übung:
Probieren Sie das "Tit for Tat" mit eigenen Beispielen.