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Werner Winkler's Lösungssammlung:

 


Lösungs-Werkzeuge von A-Z
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Praxisbeispiel:

Frau Scherrer hatte die letzten zwölf Jahre in einer psychiatrischen Anstalt verbracht. Nachdem ihre Erkrankung lange als Schizophrenie angesehen wurde, kam vor einem Jahr ein Neurologe darauf, dass es sich auch um eine Stoffwechselstörung handeln könnte und hatte mit einer speziell für sie entwickelten Wirkstoffmischung unerhofften Er-folg. Nun musste sich Frau Scherrer wieder an ein normales Alltagsleben gewöhnen - ein neuer Arbeitsplatz und eine Wohnung musste gefunden und soziale Kontakte geknüpft werden. Glücklicherweise bot eine gerade in Pension gehende Nachtschwester, die Frau Scherrer von ihrer Einweisung an kannte, ihr eine vorübergehende Begleitung an. Sie ging mit ihr auf Behörden und stand bei einer Tasse Tee oder am Telefon immer wieder zur Verfügung, wenn es nicht reibungslos ging. Mit der Zeit wurden die Kontakte seltener und veränderten ihren Charakter. Spätestens als der Mann der ehemaligen Nachtschwester starb und sie bei Frau Scherrer tröstenden Zuspruch fand, war klar, dass sich nun die Rollen vertauscht hatten ...

 

Beschreibung:

Sherpa ist der Name eines im Himalaya lebenden Volksstammes; diese Menschen sind an das Leben in großen Höhen gewöhnt und bieten ihre Dienste z.B. Bergsteigern an. Das Foto von Sir Edmund Hillary, dem ersten Menschen auf dem Mount Everest mit seinem Sherpa Tenzing wurde weltberühmt. Genauso gibt es Menschen in Ihrem Umfeld, die es gewöhnt sind, anderen in Lebenskrisen beizustehen, vielleicht auch (wie die echten Sherpas) einen Teil der Lasten abzunehmen oder einen gangbaren Weg zu weisen. Solch einen Dienst leisten manchmal (oft ohne sich dessen bewusst zu sein) Krankenschwestern, Geistliche, Lehrer oder Arbeitskollegen. Was hier 'nebenbei' passiert, lässt sich natürlich (z.B. in Form von Supervision) auch als Dienstleitung kaufen - die meisten Begleitungsdienste werden aber vermutlich auf Gegenseitigkeit, aus Freundschaft oder ehrenamtlich geleistet. Im Unterschied zu einem freundschaftlichen Gespräch (bei dem es hin- und her geht) oder einer Therapie (bei der irgendetwas behandelt wird, z.B. eine Störung) begnügt sich ein Begleiter damit, zu bestimmten Zeiten da zusein, zuzuhören, Rückmeldungen oder Tipps zu geben bzw. für den Begleitungsbedürftigen nützliche Informationen aufzubewahren.

Wichtig scheint dabei, dass innerhalb der Anfangsphase einer Begleitung abgeklärt wird, nach welchen Regeln (Zeiten, Verfügbarkeit, evtl. Honorare, Umfang des Auftrages) die Sache ablaufen soll. Passiert Begleitung 'nebenher' (z.B. als Teil der Tätigkeit einer Gemeindeschwester), gibt die beauftragte Institution diesen Rahmen vor. Handelt es sich jedoch um eine private Angelegenheit, sollten beide Seiten möglichst bald wissen, was sie voneinander erwarten (können).

Für den Begleiter selbst ist es nützlich, sich mit anderen, die darin bereits Erfahrung haben, auszutauschen. Damit legt er sozusagen eine Sicherheitsleine um, damit er bei einem Sturz von einem Dritten aufgefangen werden kann. Praktisch kann diese bedeuten, dass sich zwei oder drei Begleiter über ihre derzeitige Arbeit austauschen und ihre Vorgehensweise erläutern.

 

Übung:

Achten Sie eine zeitlang darauf, mit wem Sie sich nicht nur über Oberflächliches unterhalten und wie dabei die Rollen verteilt sind. Vielleicht entdecken Sie, dass Sie bereits als 'Sherpa' tätig sind oder selbst 'Sherpas' um sich haben. Im zweiten Schritt können Sie testen, inwiefern Sie diese heimliche Tätigkeit optimieren bzw. die Dienste anderer gezielter nutzen können. Falls Sie Begleitungsarbeit leisten, die Sie an die Grenzen Ihrer Kräfte oder Fähigkeiten bringen, erwägen Sie einmal ein gezielte Fortbildung (z.B. in Gesprächsführung oder psychologischen Basiskompetenzen) bzw. tauschen Sie sich mit anderen aus, von denen Sie wissen, dass diese ebenfalls als 'Sherpas' tätig sind. Viele der hier vorgestellten Lösungswerkzeuge können bei der Begleitungsarbeit verwendet werden (z.B. die Frage nach Ausnahmen, die Verwendung von Skalen, das Pacing).