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Werner Winkler's Lösungssammlung:

 


Lösungs-Werkzeuge von A-Z
Rahmen verändern, Rahmen erweitern

 

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Praxisbeispiel:

Ramon war froh, sich nach seiner Steuerberater-Prüfung überhaupt ein eigenes Büro leisten zu können; es störte ihn nicht, dass die Räume im Keller eines Mietshauses lagen, er kein direktes Tageslicht und nur einige gebrauchte Büromöbel hatte. Seine Studienfreunde, die er zur Büroeinweihung einlud, schauten teilweise eher mitleidig auf ihn und auch er selbst kam sich nicht wie ein erfolgreicher Unternehmer vor. Immer wieder merkte er, dass potentielle Kunden zwar zu einem ersten Gespräch vorbeikamen und er sich fachlich keine Mängel vorwerfen konnte - sie letztlich aber nicht wiederkamen. Nach einem halben Jahr wurde ihm von Nachbarn ein helles Büro mit hohen Räumen und Blick auf einen alten Baumbestand angeboten. Er erschrak, als er das erste Mal dort eintrat und war sich sicher, dass er diese Miete würde niemals bezahlen können. Dem Vermieter-Ehepaar war es aber weniger an hohen Mieteinnahmen gelegen - sie waren sehr vermögend und wollten gerne einen jungen, dynamischen Steuerberater im Haus haben, um so nicht ständig mit ihren Angelegenheiten einen weiten Weg gehen zu müssen. Schon kurz nach seinem Umzug flogen ihm die Aufträge nur so zu und es schien kein Problem mehr zu sein, Interessenten von seiner Seriosität und Professionalität zu überzeugen. Der Unterschied wurde jedoch bei der zweiten Einweihungsfeier innerhalb eines Jahres deutlich: in den Augen der Besucher konnte er sehen, dass sie jetzt ganz andere Gedanken über ihn und seine Erfolgsaussichten hatte als noch kurz zuvor. Er selbst hatte auch keinen Zweifel mehr, dass er den Kredit für die neuen Büromöbel, das Aquarium im Foyer, das schicke Cabrio und seinen Maßanzug würde binnen kurzem abbezahlen können. Vor allem erfreute er sich eines neuen Selbstgefühls.

 

Beschreibung:

Das im Englischen "reframing" genannte Vorgehen besteht weniger aus einer einzelnen Technik - vielmehr geht es darum, je nach vorgefundener 'Einrahmung' eines Problems nach Alternativen zu suchen. Man könnte es auch so formulieren: manchmal befindet sich das Problem in unpassender Gesellschaft. Gelingt es, dafür einen geeigneten Ersatz zu finden und es mit anderen, bereits gelösten Problemen bekannt zu machen, könnte es Gefallen daran finden, dieser Gruppe beizutreten. Tatsächlich haben viele Probleminhaber die Gewohnheit alles, was nicht optimal ist als ein nur schwer oder nicht lösbares Problem anzusehen. Gerade unter psychologisch oder pädagogisch gebildeten Zeitgenossen ist diese Fähigkeit immer noch weit verbreitet. Zumal, wenn jemand in langen Studienjahren diesen Blickwinkel erworben hat oder sogar davon lebt, im Leben anderer nach Problemen zu suchen, kann er im Privatleben davon nicht einfach - so mir nichts, dir nichts, Abstand nehmen. Die Brille ist sozusagen fest verwachsen und bildet einen Rah-men, der nicht mehr als solcher erkannt wird.

"Aber das ist doch ein Problem" lautet dann eine beliebte Formulierung die übersieht, dass es Probleme nicht genauso gibt wie Bäume oder Steine, sondern sie dadurch zu Problemen werden, dass irgend eine Schwierigkeit oder ein Phänomen so benannt (und vor allem: noch nicht gelöst) wurde. Genauso kann es geschehen, dass sich jemand in einer bestimmten Weise definiert ("Ich bin essgestört", "Ich bin nicht sehr selbstbewusst"), die dann ständig kommuniziert und so verfestigt wird. Keiner sieht dann mehr z.B. Herrn X. als den netten Nachbarn, der seinen Garten pflegt sondern nur noch als "den Schizophrenen, der mit vielen Medikamenten mühsam eine gefährliche Krankheit im Zaum hält." Dass sich jede Begegnung, auch wenn sie an sich noch so alltäglich verlaufen könnte, unter solchen Vorgaben anders als gewöhnlich entwickelt, liegt auf der Hand. Dies bestätigt Herrn X. in seiner Sicht der Dinge, was wiederum seine Umwelt mehr an den vorgegebenen Rahmen gewöhnt. Dazu bei trägt im Übrigen noch, dass viele psychische Krankheiten generell als unheilbar angesehen werden und es dadurch für einmal als "krank" 'eingerahmte' kaum ein Entrinnen gibt.

 

Übung:

Leihen Sie sich einen Tag heimlich ein Luxusauto und beobachten Sie die Reaktionen Ihrer Nachbarn bzw. Kollegen.