www.loesungssammlung.de

 

Werner Winkler's Lösungssammlung:

 


Lösungs-Werkzeuge von A-Z
"Noch etwas?" - nützliche Fragen

 

Wenn Sie noch nichts über "Lösungs-Werkzeuge" oder "Universalschlüssel" gelesen haben, ist es sinnvoll, zuerst die Seite "Was sind Lösungs-Werkzeuge" anzusehen. Klicken Sie dafür hier.

 

zurück zur Startseite

 

Lösungsberichte

Lösungs-Werkzeuge

Lösungsideen

Literatur

 

Kontakt zur Redaktion

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Noch etwas?" Praxisbeispiel:

Noah war einer der besten Tennisspieler seines Verbandes. Nach dem Ende seiner aktiven Zeit verpflichtete ihn der Bundestrainer als Coach und bat ihn, ein Trainingsprogramm für die Nachwuchstalente aufzustellen. Erst jetzt wurde er sich bewusst, dass er sich selbst nicht darüber im Klaren war, warum er eigentlich so gut gewesen war. Gemeinsam mit einem Sportjournalisten durchforstete er alte Videoaufzeichnungen und konnte regelmäßig noch etwas Nützliches finden.

 

Beschreibung:

Aus dem Rahmen der folgenden Fragen, die als Problemlösungswerkzeuge eingesetzt werden können, sticht die "Noch etwas?"-Frage durch ihre vielseitige Einsetzbarkeit hervor. Immer wieder beobachtet der Autor während Übungsgesprächen im Rahmen der Berater-Ausbildung Folgendes: Kaum ist es Berater und Klient gelungen, z.B. eine Ausnahme von Beschwerden zu finden oder etwas zu benennen, das trotz einer problematischen Situation noch in Ordnung, ist setzt der Berater sofort zur nächsten Frage oder Intervention an. Damit entgehen beiden Seiten wertvolle Informationen, die für den weiteren Beratungserfolg von großem Nutzen sein könnten. Deshalb gilt die Faustregel: bei nützlichen Aussagen von Seiten des Interviewpartners so oft es geht "Noch etwas?" fragen und schauen, ob es noch mehr Brauchbares gibt. Es kann solange weitergefragt werden, bis tatsächlich keine neuen Informationen mehr kommen. Auf jeden Fall werden so die (stets vorhandenen aber häufig übersehenen) Ressourcen des Probleminhabers stärker beachtet und dem Problem selbst die Aufmerksamkeit entzogen.

 

Übung:

Lassen Sie sich von jemand zur Frage interviewen, was in Ihrem Leben so ist, dass es das Leben lebenswert erscheinen lässt. Dabei besteht die Aufgabe des Interviewers lediglich darin, die "Noch etwas?"-Frage zu stellen, sobald Sie nichts mehr sagen.

 

Nützliche Fragen - Praxisbeispiel:

Zu Frau Neulich-Nützlich, einer Heidelberger Verhaltenstherapeutin kamen immer mehr Studenten, die ihre Sitzungen selbst bezahlen mussten (die Kassen bewilligten nicht mehr so viele Therapiesitzungen). Um die meist weniger gut betuchten jungen Leute nicht unnötig finanziell zu belasten, hatte sie sich eine innovative Methode ausgedacht: in preiswerten Crashkursen brachte sie Interessenten eine "therapy light" bei. Außerdem hängte sie eine lange Liste von nützlichen Fragen im Wartezimmer auf und bat die Klienten, sich diese durchzulesen. Begann dann die eigentliche Sitzung, fiel es in der Regel nicht mehr schwer, Lösungsprozesse weiter anzustoßen - meist wussten die Klienten schon, welche Frage zu ihrer Situation oder dem speziellen Problem passte. Die Therapeutin wiederholte diese dann und knüpfte daran das Beratungsgespräch an.

 

Beschreibung:

Ob eine Frage als Lösungswerkzeug tatsächlich nützlich ist, wird jeweils erst ein Versuch zeigen. "Nur wenn die Antwort nützlich ist, können wir sagen, dass auch die Frage nützlich war." - so drückt es Steve de Shazer aus. Vielleicht wird manchem Leser beim Anblick so vieler Fragen die Frage kommen, wie man soviele Fragen jemals behalten könne; die Erfahrung zeigt hier, dass man viele davon schon unabsichtlich benutzt hat und sich die besonders wirkungsvollen wie von selbst einprägen. Der Autor bekommt sehr oft von Klienten in der Beratung die Entgegnungen "Das ist aber eine gute Frage!" oder "Das hat mich bisher noch niemand gefragt!" zu hören.

 

Übung:

Notieren Sie sich einige der folgenden Fragen in eigenen Worten auf Karteikarten und lesen Sie diese der Reihe nach durch, wenn Sie an einem bestimmten Punkt nicht mehr weiter wissen.

 

1. Ermunterungen (um jemand im Redefluss zu halten)

- noch was?
- und ...?
- ja...?
- hm ...?
- ach so!
- o.k....
- mmh...
- gut ...
- und was noch?
- und wie noch?
- und wer noch?
- was zum Beispiel?
- sehr schön!
- das verstehe ich noch nicht ganz...

 

2. Fragen nach der Vergangenheit

Die Beschäftigung mit der Vergangenheit kann durchaus fruchtbar sein, es kommt nur darauf an, wie man fragt.

 

2.1
Wann war es zum letzten Mal so, dass Sie sagen würden: "es war o.k."?

2.2
Was war anders, als es o.k. war? Wie haben Sie das gemacht/zugelassen?

2.3
Was war in der Vergangenheit so, dass Sie es sich wieder wünschen?

2.4
Angenommen, dieses Thema hätte Ihnen nie Probleme gemacht, welche 'Nebenwirkungen' bzw. Erfahrungen hätten Sie trotzdem gerne gemacht?

2.5
Gibt es einen Zeitpunkt, an dem Sie etwas anderes hätten tun können, damit die Sache eine andere Richtung genommen hätte? Können Sie dies nachholen?

2.6
Gab es eine Situation in Ihrem Leben, die Ihnen ähnlich zugesetzt hat? Was hat Ihnen damals am meisten geholfen?

2.7
(bei Rückfällen) Was haben Sie vergessen, um (erneut) in diese Lage zu geraten?

2.8
Wenn Sie sich für den bisherigen Umgang mit dem Thema Kompliment machen sollten, welche wären das?

2.9
Welche Leitsätze haben Ihnen bisher in schwierigen Situationen geholfen?

2.10
Haben Sie schon einmal versucht, weniger zu tun, um das Thema zu klären, es zu ignorieren oder sogar so zu tun, als sei es gar nicht vorhanden?

 

3. Fragen nach der Zukunft

Falls die Vergangenheit keinen Lösungsansatz bietet, lohnt es sich unter Umständen, sich der Zukunft zuzuwenden. Dies kann die Wahrnehmung der Gegenwart deutlich verändern.

 

3.1
Woran würden Sie merken, dass Sie Ihr Ziel erreicht haben/Ihr Problem gelöst ist?

3.2
Was wären die ersten Anzeichen für eine Veränderung in Richtung Lösung?

3.3
Angenommen, Ihr Problem würde sich über Nacht lösen, ohne dass Sie es sofort mitbekommen würden - was würde Ihnen im Laufe der nächsten Tage auffallen? Was würden andere in Ihrer Umgebung merken?

3.4
Was müssten Sie ab heute tun, um Ihre Lage in der beklagten Sache weiter zu verschlechtern bzw. den derzeitigen Stand aufrecht zu erhalten?

3.5
Angenommen, es ginge Ihnen ohne Ihr Zutun wieder optimal. Wie könnten Sie den derzeitigen Zustand wieder absichtlich herbeiführen?

3.6
Bei wem wird die Verwunderung am größten sein, wenn Sie Ihr Problem gelöst haben?

3.7
Angenommen, die Situation wäre unveränderlich oder würde sich weiter verschlimmern. Was wäre das Allerschlimmste, was Ihnen passieren könnte und wie würden Sie damit zurechtkommen?

3.8
Angenommen, in einigen Jahren kommt Ihre Tochter (Sohn, Mutter ...) mit exakt demselben Problem zu Ihnen. Was könnten Sie wohl für Tipps geben?

3.9
Angenommen, Ihr Thema wäre nicht mehr existent, was würde Ihnen fehlen?

3.10
Angenommen, das aktuelle Problem wäre gelöst, welches würden Sie dann als nächstes angehen? Haben Sie die Möglichkeit, dieses zuerst zu lösen?

3.11
Angenommen, in einiger Zeit haben Sie das aktuelle Problem gelöst, wie werden Sie dann im Rückblick dazu sagen? (Welchen Namen bekommt das gelöste Problem?)

 

4. Fragen nach der Gegenwart

Man könnte vielleicht meinen, über die Gegenwart wäre dem Probleminhaber bereits alles Wissenswerte bekannt - Tatsache ist aber, dass häufig gerade die Perspektive ausgelassen wird ('Tabu'), die einen Lösungsansatz bietet. Dabei können es, gerade bei Fragen nach der Gegenwart, für einen Außenstehenden unspektakuläre Kleinigkeiten sein, die einen lösungsrelevanten Unterschied ausmachen.

 

4.1
Was in Ihrem Leben ist so, dass Sie es möglichst unverändert lassen wollen?

4.2
Was soll in dieser Beratung geschehen, damit Sie sagen können: "Es hat sich gelohnt, hierher zu kommen"?

4.3
Welche derzeitige Schwachstelle würde, wenn Sie ausgeglichen wäre, den größten Unterschied bzw. die deutlichste Veränderung bewirken?

4.4
Angenommen, Sie wären Filmregiseur und sollten eine humorvolle Szene aus Ihrer derzeitigen Situation machen - wie würde der Titel lauten?

4.5
Welchen kleinen Schritt/welche symbolische Geste könnten Sie heute noch tun, um sich in der gewünschten Richtung zu bewegen?

4.6
Wenn Sie alle Möglichkeiten hätten, Ihr Leben zu verändern, was würden Sie sofort machen? Beschreibt das eine Richtung, die Sie einschlagen möchten?

4.7
Angenommen, die Zeit liefe rückwärts (von Ihrem Tod zu Ihrer Geburt) - wie würde das Ihr Denken über die derzeitige Situation beeinflussen?

4.8
Was müsste am Zustand der Welt/ an den Naturgesetzen geändert werden, damit Sie unter Ihrem aktuellen Problem nicht mehr leiden würden? Können Sie selbst etwas in dieser Richtung bewegen?

4.9
(bei Klagen, in denen etwas weggewünscht wird, z.B. "ich möchte nicht mehr ...") Was hätten Sie gerne stattdessen?

4.10
Wenn Sie jetzt (als Klient) an meiner Stelle (als Berater) wären, was würden Sie jetzt machen?

 

5. Sonstige möglicherweise nützliche Fragen

Auch wenn einige davon bereits an anderer Stelle im Buch auftauchen, sollen sie der Vollständigkeit halber hier komplett ge-nannt werden:

 

5.1 Skalenfragen

- Einstiegsfrage z.B. "Stellen Sie sich vor, auf einer Skala von 1 bis 10 bedeutet die 1 "der bisherige Tiefststand" und die 10 "die optimale Lage" -

a) Wo befinden Sie sich zur Zeit auf der Skala?

b) Wie haben Sie es geschafft, von 1 wieder auf X zu

kommen?

c) Wie werden Sie es schaffen, einen Punkt höher zu

kommen?

d) Was wird dann anders sein, wenn Sie einen (zwei,

drei etc.) Punkte höher sind?

e) Woran werden Sie merken, dass es genug ist?

f) Was sehen andere, wenn Sie auf Ihrer Skala einen

Punkt höher sind?

g) Was kann ich (als Berater) tun, damit Sie auf Ihrer

Skala einen Punkt höher kommen?

 

5.2 Metapherfragen - wenn mit einem bildhaften Vergleich gearbeitet wird, diesen aufnehmen und lösungsorientiert weiterfragen, z. B. "ich fühle mich wie ein Vogel im Käfig..."

a) Hat der Käfig eine Tür? Wie schafft es der Vogel, die

Tür zu öffnen?

b) Wie macht der Vogel, wenn es gut ist?

c) Wäre es ein Unterschied, wenn der Käfig anders ein

gerichtet wäre wie zur Zeit? Inwiefern?

d) Was ist am Käfigdasein so angenehm, dass es mög-

lichst weiterhin so bleiben sollte?

e) Wohin würde der Vogel gerne einmal fliegen?

f) Was redet der Vogel mit anderen Vögeln, wenn er

wieder zufrieden ist?

etc.

 

Selbstverständlich können Sie für die jeweilige Situation passende Fragen entwerfen &endash; auch die meisten der hier gesammelten Fragen wurden vom Autor oder von Therapeuten (vgl. das Literaturverzeichnis) irgendwann für einen bestimmten Klienten zum ersten Mal benutzt und dann als nützlich erkannt.